28.01.2021 - Dr. Michael Lehnert, Leiter der Handchirurgie München über den Skidaumen

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EXPERTISE – DER SKIDAUMEN

Skidaumen Dr. Michael Lehnert

Die ulnare Seitenband-ruptur des Daumens, umgangssprachlich auch als Skidaumen bezeichnet, ist die häufigste Verletzung der oberen Extremität beim Skifahren mit einer Inzidenz von bis zu 32% aller Skiverletzungen bzw. mit 2.3 -4.4 / 1000 Skitagen. Ursprünglich entsprang das Akronym der Vorstellung, dass der Skistock und dessen Schlaufe für die Entstehung der Verletzung ursächlich sei, jedoch bleibt die Verletzung trotz der Veränderungen im Design der Schlaufe und des Skistocks weiter prävalent. Eine komplette oder teilweise Ruptur der ulnaren Kollateralbänder mit oder ohne Avulsionsfraktur der proximalen Phalanx des Daumen entsteht durch Valgusstress, häufig in Kombination mit Abduktion/Extension, wie z.B. bei einem Sturz. Neben dem Skifahren tritt dieser Verletzungsmechanismus häufig bei Sportarten auf, in denen Schläger oder Bälle benutzt werden (Hockey oder   Basketball), bei Kampfsportarten oder auch wenn der Daumen sich hinter dem Lenker verhakt wie z.B. bei einem Fahrradsturz. Das Daumengrundgelenk wird statisch durch die beiden Seitenbänder, die palmare Platte und die dorsale Kapsel stabilisiert, die dynamischen Stabilisatoren sind die intrinsische und extrinsische Muskulatur. Die ulnare Stabilität wird durch das ulnare Seitenband gesichert.  Das UCL kann entweder von der Grundphalanxbasis ausreißen (in ca 30% knöchern), in der Mitte rupturieren oder seltener aus dem Metacarpale ausgerissen werden. Wenn der proximale Bandstumpf vor die Adduktoraponeurose umschlägt spricht man von einer Stener Läsion, und geht davon aus, dass eine Verletzung dann nicht konservativ stabil ausheilen kann.  

Diagnostik
Die akute Verletzung des Daumengrundgelenkes stellt sich meistens mit Schwellung und Druckdolenz dar. Die klinische Überprüfung der Stabilität wird in Extension und in 30° Flexion durchgeführt um insbesondere Teilverletzungen von vollständigen Rupturen zu unterscheiden. Klappt das Grundgelenk beide Male bei Valgusstress mehr als 35° und/oder mehr als 15° im Vergleich zur gesunden Gegenseite auf, wird von der einer kompletten Ruptur des ulnaren Seitenbandapparates ausgegangen. Neben der klinischen Überprüfung der Stabilität umfasst die Diagnostik die Röntgenaufnahme in zwei Ebenen. Eine Ultraschalluntersuchung und MRT  gilt als Goldstandard mit einer Sensitivität von 96%-100% und Spezifität von 95-100%.  

Therapie
Die Behandlung der akuten Verletzung des ulnaren Seitenbandapparates ist abhängig von dem Ausmaß der Ruptur. Bei einer Teilruptur oder einer undislozierten Avulsionsfraktur kann das Grundgelenk in einer thermoplastischen Schiene oder Daumenorthese für 4-6 Wochen immobilisiert werden. Ansonsten wird meistens die operative Therapie empfohlen. Der ulnare Kapselbandapparat kann  entweder durch eine direkte Naht des Bandes oder die knöcherne Refixation durch einen Mini-Anker durchgeführt werden. Knöcherne Ausrisse werden ggf. ostersynthetisch versorgt. Im Anschluss erfolgt meist eine Ruhigstellung von 4-6 Wochen und ergothera-peutische Beübung. Belastung ist meistens nach 8-10 Wochen möglich.

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