18.05.2025
Patientennews/Veranstaltungen
Roboter im OP: Wie moderne Assistenten die Kniechirurgie revolutionieren!

Seit März 2024 setzt die orthopädische Klinik in Braunfels einen Roboter im Bereich der Knieendoprothetik ein. Mehr als 200 Patienten profitierten bereits von der präzisen Hilfe der Roboter-Assistenz. Was bedeutet der Einsatz für Patienten und Ärzte? Ein Interview mit dem Chefarzttrio Dr. Lucas Berger, Dr. Josef Dürager und Dr. Kai Drastig, Leiter der Abteilung Endoprothetik und Gelenkchirurgie der orthopädischen Klinik Braunfels.
Golfmedico: Ist das Gefühl richtig, dass sich die Anzahl der Knie-Prothesenimplantationen in den vergangenen Jahren vergrößert hat? Wenn ja, woran liegt das genau?
Dr. Drastig: Ja, die Zahl der Knie-Totalendoprothesen (Knie-TEP) hat in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Dies liegt unter anderem an der alternden Bevölkerung und dem gestiegenen Bedarf an gelenkersetzenden Eingriffen. Fortschritte in der Implantat-Technologie sowie präzisere OP-Methoden haben dazu geführt, dass immer mehr Patienten sich für einen solchen Eingriff entscheiden. Zudem wächst das Bewusstsein dafür, dass eine Knieprothese die Lebensqualität erheblich verbessern kann. Menschen möchten auch wieder sportlich aktiv sein. Auch Golfspieler haben durch die permanenten Drehbewegungen eine hohe Belastung auf die Gelenke.
Golfmedico: Wie unterscheidet sich eine Knie-OP mit dem Roboter von einer herkömmlichen Operation?
Dr. Drastig: Der größte Unterschied liegt in der Präzision. Es hilft uns Chirurgen, das Knieimplantat millimetergenau zu positionieren. Das System erfasst auf Grundlage intraoperativ bestimmter, anatomische Punkte die spezielle Anatomie des Patienten. Es kann damit dem Chirurgen wichtige Informationen z. B. der Beinachse oder der Bandstabilität liefern. Dadurch können wir minimalinvasiver arbeiten, die Weichteile schonen und eine exakte Ausrichtung der Prothese sicherstellen. Zudem erfasst es während des Eingriffs jede kleinste Bewegung des Knies und zeigt uns an, ob eine Korrektur nötig ist.
Golfmedico: Das klingt nach einer großen Unterstützung für den Operateur. Welche konkreten Vorteile hat der Patient davon?
Dr. Drastig: Durch die höhere Genauigkeit kommt es zu einer besseren Passform des Implantats. Dies kann die Haltbarkeit und Funktionalität erhöhen. Unter Einsatz der Computernavigation kann der Chirurg bei den umgebenden Knochen- und Weichteilstrukturen weniger invasiv und Gewebe schädigend arbeiten. Das Gewebe wird weniger verletzt, und somit sind auch die postoperativen Schmerzen geringer.
Hausintern konnten wir im ersten Jahr der Roboternutzung beobachten, dass viele Patienten schneller genesen und weniger postoperative Schmerzen angeben. Auch die Beweglichkeit ist bei den Untersuchungen beachtlich gut. Eine Studie an der Universitätsmedizin Greifswald hat gezeigt, dass Patienten mit roboter-assistierten Knieprothesen ihre Mobilität früher zurückgewinnen als mit der herkömmlichen Methode.
Ein weiterer großer Vorteil ist die geringere Notwendigkeit für Korrekturoperationen. Da das Implantat mit hoher Präzision angepasst wird, sitzt es optimal und vermeidet ungleichmäßige Belastungen oder Fehlstellungen, die später Probleme bereiten könnten und schließlich zu erneuten Operationen führen.
Golfmedico: Kann der Roboter eine Operation selbstständig durchführen?
Dr. Drastig: Nein, das ist ein weitverbreiteter Irrglaube. Es ist ein Assistenzsystem, das uns mit präzisen Daten versorgt, aber die Kontrolle liegt stets beim Chirurgen. Der Roboter bewegt sich nur auf Anweisung und führt keine Schnitte selbst aus. Er gleicht vielmehr einem Navigationsgerät, das uns hilft, den idealen Operationspfad einzuhalten. Er unterstützt uns aber bei der optimalen Positionierung der Instrumente, inklusive der Vorrichtung für die Knochenpräparation. Allerdings kann es dem Chirurgen Rückmeldungen geben, falls die Position des Implantats nicht optimal ist oder Abweichungen auftreten.
Golfmedico: Bei welchen Krankheitsbildern kommt die Roboter-Assistenz zum Einsatz?
Dr. Drastig: Sie eignet sich besonders für Patienten mit schwerer Arthrose, bei denen der Knorpel stark abgenutzt ist und eine Prothese erforderlich wird. Auch bei Fehlstellungen oder komplexen anatomischen Gegebenheiten kann die Technologie helfen, das Implantat optimal anzupassen.
Golfmedico: Herr Dr. Berger, sie sind auch ausgebildet im Bereich Golfsport. Haben sie auch Erfahrungen mit Golfspielern?
Dr. Berger: Wir sind eine zertifizierte Golfklinik. Ein Großteil des Teams wurde zum Golf-Physio-Trainer ausgebildet. In Zusammenarbeit mit dem Golfplatz in Braunfels und mit der Praxis Physio Aktiv unter der Leitung von Peter Klaus haben wir immer wieder Golfspieler als Patienten. Golf ist eine technisch herausfordernde Sportart. Es kommt zu Drehbewegungen, die bei instabiler Beinachse und fehlender Rumpfstabilität zu einem erhöhten Risiko von Meniskusverletzungen und auch zu Knorpelabrieb führen können. Sowohl Hobbysportler als auch Profigolfspieler haben immer wieder mit Knieproblemen zu kämpfen. Manchmal sind konservative Maßnahmen wie Physiotherapie, Beinachsentraining und professionelles Techniktraining ausreichend. Bei strukturellen Schäden kann auch ein operativer Eingriff notwendig sein. Dies müsste man sich dann jeweils individuell ansehen und gründlich untersuchen.
Golfmedico: Kann man nach einer Knieoperation wieder Golf spielen?
Dr. Berger: Das kommt auf den Eingriff an. Aber grundsätzlich ist das möglich. Sowohl nach Arthroskopien als auch nach einer Knieprothese kann Golf gespielt werden. Gegebenenfalls muss die Technik der einzelnen Phasen des Golfschwungs angepasst werden. Auch die Standposition im Finish sollte genau analysiert werden, um eine möglichst geringe Belastung auf das Kniegelenk zu bekommen.
Golfmedico: Dr. Dürager, sie waren maßgeblich bei der Einführung des Roboters beteiligt. Wird sich die Rolle des Chirurgen durch solche Technologien grundlegend verändern?
Dr. Dürager: Absolut. Das ist bereits Realität. Roboter verändern nicht nur, wie wir operieren, sondern auch, wie wir uns darauf vorbereiten. Dank der präoperativen Simulation können wir Eingriffe noch exakter planen und individuell präzise auf die Anatomie des Patienten abstimmen. Langfristig werden Chirurgen stärker zu Entscheidungsträgern, die von intelligenten Assistenzsystemen unterstützt werden.
Golfmedico: Wie sehen Sie die Zukunft der roboter-assistierten Chirurgie in der Orthopädie?
Dr. Dürager: In den nächsten Jahren wird sich diese Technik weiterentwickeln. Ich erwarte, dass wir bald noch präzisere Sensoren und KI-gestützte Algorithmen einsetzen können, um individuelle Patientenanatomien noch besser zu berücksichtigen. Zudem könnten solche Systeme perspektivisch auch bei anderen orthopädischen Eingriffen wie Schulterprothesen eine Rolle spielen.
Ein weiteres Zukunftsthema ist die Echtzeit-Diagnostik während der OP. Mit neuen bildgebenden Verfahren könnte der Roboter Veränderungen im Gewebe direkt während des Eingriffs erkennen und den Chirurgen darauf hinweisen. Dies könnte besonders für komplexe Fälle oder Patienten mit Vorerkrankungen von Vorteil sein.
Auch der Einsatz von Virtual Reality und Datenbrillen wird weiter erforscht. Diese Technologien könnten Chirurgen künftig ermöglichen, OP-Szenarien vorab zu simulieren und während des Eingriffs in Echtzeit ergänzende Informationen einzublenden.
Wir danken für das Gespräch!
Mit freundlicher Genehmigung der Golfmedico