Die Rolle der Sehnen im Alter: Warum Faszien- und Sehnenpflege wichtiger ist als reiner Muskelaufbau Die Rolle der Sehnen im Alter: Warum Faszien- und Sehnenpflege wichtiger ist als reiner Muskelaufbau

Die Rolle der Sehnen im Alter: Warum Faszien- und Sehnenpflege wichtiger ist als reiner Muskelaufbau

Im Wettlauf gegen das Altern richten wir unsere Aufmerksamkeit oft auf die Muskeln und Gelenke. Wir messen den Muskelaufbau und kämpfen gegen Arthrose, doch die wahren, oft unterschätzten Schwachstellen unseres Bewegungsapparates sind die Sehnen und Faszien. Sie sind die stabilen, aber unflexiblen Verbindungsstücke zwischen Muskeln und Knochen und der Ort, an dem sich die kumulierten Schäden jahrelanger Belastung und unzureichender Regeneration zuerst manifestieren.

Mit den kritischen Alterungsschüben um die 45 und 60 Jahre, bei denen sich Stoffwechsel und zelluläre Erneuerung verlangsamen, beginnt eine Phase, in der die Struktur von Sehnen und Faszien unelastischer wird. Die Reparaturprozesse verlangsamen sich, und die Belastbarkeit sinkt. Dort, wo ein junges Sehnengewebe eine Überlastung durch eine schnelle, schmerzfreie Entzündung reguliert, reagiert das ältere Gewebe mit einer chronischen Reizung und einer minderwertigen Heilung – die Tür ist geöffnet für schmerzhafte Probleme wie die Achillodynie oder das „Jumper’s Knee“.

Wenn die Belastung zur Reizung wird: Achillessehne und Patellasehne

Zwei Sehnen sind besonders häufig von dieser Art des chronischen Verschleißes betroffen, da sie enorme Kräfte übertragen und speichern müssen:

  • Achillodynie (Achillessehnen-Überlastung): Die Achillessehne, die stärkste Sehne des menschlichen Körpers und das Fundament eines jeden Tennisspielers, ist beim Gehen, Laufen und Springen extremen Belastungen ausgesetzt. Eine dauerhafte Überbeanspruchung führt zu Schmerzen, Schwellungen und Verdickungen im Sehnenverlauf. Das Problem liegt oft in einer mangelnden Flexibilität der Wadenmuskulatur oder einer falschen Fußstellung – die Sehne wird gewissermaßen permanent auf Zug gehalten.
  • Patellasehnenentzündung (Jumper’s Knee): Diese Überlastung betrifft die Sehne, die die Kniescheibe mit dem Schienbein verbindet. Sie tritt häufig bei Spielern auf, die viele Sprünge, schnelle Sprints und intensive Vorhandzüge ausführen. Sie ist typisch für Sportarten mit Sprungbewegungen und schnellen Sprints, wie Tennis oder Basketball. Die Symptome äußern sich als Schmerzen im Bereich der Patellasehne, besonders beim Treppensteigen oder bei Bewegungen, die eine Beugung des Knies erfordern. Auch hier ist oft eine Ungleichheit der Muskulatur oder eine unzureichend trainierte Oberschenkelmuskulatur die Ursache – die Sehne muss die fehlende Stabilität kompensieren.

Beide Erkrankungen sind in erster Linie ein Zeichen dafür, dass die Balance zwischen Belastung und Belastbarkeit nicht mehr stimmt. Im Gegensatz zu einer akuten Verletzung, die nach einigen Wochen ausheilt, können Sehnenreizungen Monate, manchmal sogar Jahre andauern.

Die neue Strategie: Elastizität und Regeneration statt Härte

Da Sehnen und Faszien nicht im klassischen Sinne „wachsen“ wie ein Muskel, muss die Trainingsstrategie anders ausgerichtet sein. Es geht nicht um das Brechen von persönlichen Rekorden oder um die maximale Gewichtssteigerung, sondern um die Wiederherstellung von Elastizität und die gezielte Stimulation der Regeneration.

  • Exzentrisches Training (Negativbewegung): Dies ist die Goldstandard-Methode für überlastete Sehnen. Dabei wird der Muskel unter Last verlängert, während die Sehne die Spannung hält. Insbesondere das langsame Absenken des Körpers aus einer Wadenhebung (für die Achillessehne) oder eine sehr langsame Kniebeuge (für die Patellasehne). Diese kontrollierten, langsamen Bewegungen fördern die Kollagenproduktion in der Sehne und verbessern ihre Zugfestigkeit, ohne sie durch explosive Kräfte zusätzlich zu reizen.
  • Faszientraining: Die Faszien, das umgebende Bindegewebe, tragen maßgeblich zur Kraftübertragung und zur Gelenkstabilität bei. Yoga und Pilates sind ideal, um die Gelenke sanft zu mobilisieren, die Flexibilität zu fördern und die Geschmeidigkeit zu erhalten und Verdrehungen zu vermeiden. Regelmäßiges Dehnen der Muskulatur ist, besonders nach dem Training, essenziell.
  • Höre auf den Körper und Pausenmanagement: Übermäßiges Training und das Ignorieren von Schmerzsignalen sind die häufigsten Fehler. Regelmäßige Pausen sind für die Regeneration entscheidend. Besonders im Alter sollte das Training variiert werden, um nicht immer die gleichen Strukturen zu belasten. Gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Aqua-Fitness und Radfahren sind hervorragende Ergänzungen.

Die Zukunft der Sehnenheilung: Eigenbluttherapie und Co.

Während präventive Maßnahmen und gezieltes Training das Fundament bilden, bietet die moderne Orthopädie auch innovative Ansätze zur Reparatur geschädigter Sehnen:

  • ACP-Therapie (autologes, conditioniertes Plasma): Die ACP-Therapie nutzt die natürlichen Heilkräfte des eigenen Körpers, um Entzündungen zu hemmen und die Regeneration von geschädigtem Gewebe zu fördern. Aus dem eigenen Blut des Patienten wird plättchenreiches Plasma (PRP) gewonnen, welches zahlreiche Wachstumsfaktoren enthält. Diese Faktoren werden dann gezielt in das betroffene Gelenk oder in das Sehnengewebe injiziert. Studien zeigen, dass diese Injektionen entzündungshemmend wirken und den Zellaufbau im geschädigten Gewebe unterstützen können. Die Therapie wird bei Sehnenreizungen und Sportverletzungen angewendet und ist eine gut verträgliche Alternative zur medikamentösen Schmerztherapie.
  • Stoßwellentherapie: Hochenergetische Schallwellen können außerhalb des Körpers erzeugt und gezielt auf das schmerzende Gewebe geleitet werden. Dies soll Durchblutung und Stoffwechsel anregen, Entzündungen abbauen und die Heilung fördern.

Das A und O ist die Balance

Sehnen und Faszien sind keine passiven Stränge, sondern hochaktive, aber langsame Strukturen, die unser Training strategisch und achtsam machen müssen. Gerade im fortgeschrittenen Alter ist ein Umdenken nötig: Weg von der „Autobahn breiter Fairways“ des reinen Muskelaufbaus hin zu einem Fokus auf Qualität, Elastizität und Regenerationszeit. Eine starke Muskulatur ist wichtig, um die Gelenke zu stabilisieren, doch die Sehnen benötigen zusätzlich Beweglichkeit und Schmierstoff.

Wer auf korrekte Technik, ausreichendes Aufwärmen und Regeneration achtet, kann die stillen Stützen seines Körpers langfristig gesund halten und die Lebensqualität im Alter entscheidend verbessern. Wenn der Schmerz chronisch wird, bieten moderne Methoden wie die ACP-Therapie eine natürliche und schonende Möglichkeit, die körpereigene Reparatur zu unterstützen.